Die Künst­ler­so­zi­al­kas­se bit­tet zum Schützenfest

Haben Sie in letz­ter Zeit Post aus Wil­helms­ha­ven erhal­ten, in der nach den Musik­auf­füh­run­gen bei den Ver­eins­ver­an­stal­tun­gen gefragt wur­de? Dann dürf­te die Post von der Künst­ler­so­zi­al­kas­se stammen.

Seit Anfang der 80er Jah­re exis­tiert in Deutsch­land das „Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rungs­ge­setz“ (KSVG), das selbst­stän­di­gen Künst­lern und Publi­zis­ten sozia­len Schutz in der Renten‑, Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung bie­tet. Finan­ziert wird die­se Künst­ler­so­zi­al­kas­se unter ande­rem durch die Künst­ler­so­zi­al­ab­ga­be, zu der alle Unter­neh­men her­an­ge­zo­gen wer­den, die künst­le­ri­sche und publi­zis­ti­sche Leis­tun­gen in Anspruch neh­men und ver­wer­ten. Und zu die­sen so genann­ten Ver­wer­tern kön­nen auch unse­re Bru­der­schaf­ten gehö­ren, etwa wenn wir zum Königs­ball Musi­ker enga­gie­ren oder den Schüt­zen­um­zug von Musik- oder Tam­bour­ka­pel­len beglei­ten las­sen. Dabei tref­fen den Ver­wer­ter ver­schie­de­ne Pflich­ten gegen­über der Künst­ler­so­zi­al­kas­se. So besteht eine Mel­de­pflicht gegen­über der Künst­ler­so­zi­al­kas­se und natür­lich auch eine Zah­lungs­pflicht für die Künst­ler­so­zi­al­ab­ga­be. Dar­über hin­aus besteht aber auch eine Auf­zeich­nungs­pflicht, um die Mel­dung an die Künst­ler­so­zi­al­kas­se etwa bei einer Prü­fung nach­voll­zieh­bar zu machen, sowie eine Vor­la­ge­pflicht gegen­über der Künst­ler­so­zi­al­kas­se etwa im Rah­men einer von der Künst­ler­so­zi­al­kas­se durch­ge­führ­ten Prüfung.

Nun zäh­len gemein­nüt­zi­ge Ver­ei­ne wie etwa Schüt­zen­bru­der­schaf­ten nicht zu den gewerbs­mä­ßi­gen Unter­neh­men, deren wesent­li­cher Zweck dar­auf gerich­tet ist, für die Auf­füh­rung oder Dar­bie­tung künst­le­ri­scher oder publi­zis­ti­scher Wer­ke oder Leis­tun­gen zu sor­gen, und damit auch nicht zu den ers­ten Adres­sa­ten der Künst­ler­so­zi­al­ab­ga­be. Aber auch sol­che so genann­ten „nicht­ty­pi­schen Ver­wer­ter“ fal­len unter die Abga­be­pflicht, aller­dings nur, wenn in einem Kalen­der­jahr min­des­tens vier Ver­an­stal­tun­gen (bis 30.06.2001: min­des­tens drei Ver­an­stal­tun­gen) mit ver­eins­frem­den Künst­lern oder Publi­zis­ten auf­ge­führt oder dar­ge­bo­ten wer­den. Die Abga­be­pflicht ergibt sich für die­se Unter­neh­men aus § 24 Abs. 2 KSVG, der so genann­ten Generalklausel.

Für Bru­der­schaf­ten bedeu­tet dies zwei­er­lei: Zum einen gilt die Abga­be­pflicht zwar unab­hän­gig davon, ob der enga­gier­te Musi­ker bei der Künst­ler­so­zi­al­kas­se ver­si­chert ist oder nicht, aber sie gilt nur für selbst­stän­dig täti­ge Künst­ler, also etwa für den Allein­un­ter­hal­ter oder die Drei-Mann-Band beim Schüt­zen­ball. Kei­ne selbst­stän­di­gen Künst­ler sind dage­gen Musik­ver­ei­ne und ‑kapel­len, die ihrer­seits ein ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein sind, denn dann wer­den die Musi­ker ja nicht selbst­stän­dig, son­dern nur im Rah­men ihrer Ver­eins­mit­glied­schaft tätig. Also: Ist die enga­gier­te Musik­ka­pel­le ihrer­seits ein e.V., besteht kei­ne Abga­be­pflicht, ist die Kapel­le dage­gen kein ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein, besteht Abga­be­pflicht (und genau genom­men müs­sen dann der Künst­ler­so­zi­al­kas­se sogar die Per­so­na­li­en aller für die­se Kapel­le auf­tre­ten­den Musi­ker gemel­det wer­den). Zum ande­ren kann eine Abga­be­pflicht im Rah­men der Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rung nur ent­ste­hen, wenn im Kalen­der­jahr mehr als drei Ver­an­stal­tun­gen mit abga­be­pflich­ti­gen Künst­lern durch­ge­führt wer­den. Aber Vor­sicht beim Zäh­len der Ver­an­stal­tun­gen: Ein mehr­tä­gi­ges Schüt­zen­fest zählt nicht pau­schal als eine Ver­an­stal­tung. Mit dem Schüt­zen­ball am Sams­tag, dem musi­ka­lisch beglei­te­ten Schüt­zen­um­zug am Sonn­tag und dem Krö­nungs­ball am Mon­tag wer­den etwa bei einem ein­zi­gen Schüt­zen­fest schon drei Ver­an­stal­tun­gen gezählt. Aber wir erin­nern uns: Wird aller­dings etwa der Schüt­zen­um­zug nur mit sol­chen Musik­ver­ei­nen und Tam­bour­ka­pel­len durch­ge­führt, die selbst ein­ge­tra­ge­ne Ver­ei­ne sind, besteht inso­weit kei­ne Abga­be­pflicht und die­se Ver­an­stal­tung wird für die Drei-Ver­an­stal­tungs­gren­ze nicht mit berücksichtigt.

Eine beson­de­re Beach­tung ver­lan­gen nun noch die­je­ni­gen Schüt­zen­bru­der­schaf­ten, die eine Musik­ka­pel­le in ihren Rei­hen haben. Seit dem 1997 sind Musik­ver­ei­ne grund­sätz­lich nicht mehr als Ver­wer­ter abga­be­pflich­tig, dies gilt auch für die Musik­ab­tei­lun­gen von Schüt­zen­bru­der­schaf­ten. Trotz die­ser grund­sätz­li­chen Abga­be­frei­heit kann eine Abga­be­pflicht aller­dings auch hier bestehen, wenn der Ver­ein als nicht-typi­scher Ver­wer­ter tätig wird und jähr­lich mehr als drei (bzw. vor dem 01.07.2001: mehr als zwei) musi­ka­li­sche Ver­an­stal­tun­gen durch­führt. Dies gilt jedoch nur (und hier liegt der Unter­schied zu den Bru­der­schaf­ten ohne eige­ne Musik­ab­tei­lung), wenn im Rah­men die­ser Ver­an­stal­tun­gen frem­de Künst­ler tätig wer­den und der Ver­ein mit die­sen Ver­an­stal­tun­gen Ein­nah­men, etwa durch Ein­tritts­gel­der, erzielt. Fremd sind sol­che Musi­ker, die nicht Mit­glied des Ver­eins sind. Eine Abga­be­pflicht ent­steht also nicht, wenn im Rah­men der Ver­an­stal­tung nur akti­ve Ver­eins­mit­glie­der musi­zie­ren oder wenn die Bru­der­schaft für ihre Musik­ab­tei­lung einen ande­ren Musik­ver­ein zu einem Musik­wett­be­werb oder einer ähn­li­chen Ver­an­stal­tung ein­lädt, und das sogar dann, wenn die­ser Ver­ein (also nicht der ein­zel­ne Musi­ker!) eine Auf­wands­ent­schä­di­gung erhält. Also: Auf­trit­te der eige­nen Musik­ka­pel­le, die selbst Teil der Bru­der­schaft ist, sind nicht abga­be­pflich­tig und zäh­len, wenn nicht noch ande­re abga­be­pflich­ti­gen Künst­ler auf­tre­ten, auch nicht für die Drei-Veranstaltungsgrenze.

Besteht nach alle dem eine Abga­be­pflicht des Ver­eins, hat die­ser ent­spre­chen­de Mel­dun­gen an die Künst­ler­so­zi­al­kas­se abzu­ge­ben und die Künst­ler­so­zi­al­ab­ga­be zu ent­rich­ten. Die Rech­nun­gen und Quit­tun­gen, die zur Aus­zah­lung der Hono­ra­re an die selbst­stän­di­gen Künst­ler geführt haben, sind für einen Zeit­raum von fünf Jah­ren aufzubewahren.

Bemes­sungs­grund­la­ge und Aus­gangs­punkt für die Berech­nung der Künst­ler­so­zi­al­ab­ga­be sind alle in einem Kalen­der­jahr an selbst­stän­di­ge Künst­ler (Musi­ker) gezahl­ten Ent­gel­te. Abga­be­pflich­ti­ges Ent­gelt ist alles, was der Abga­be­pflich­ti­ge auf­wen­den muss, um das Werk oder die Leis­tung zu erhal­ten oder zu nut­zen, also Gagen, Hono­ra­re, Ent­schä­di­gun­gen oder Sach­leis­tun­gen. Zum Ent­gelt gehö­ren auch alle Aus­la­gen (z.B. Tele­fon) und Neben­kos­ten (z.B. für Mate­ri­al, Noten), die dem Künst­ler ver­gü­tet wer­den. Aus­ge­nom­men sind nur die in der Rech­nung für Musi­ker geson­dert aus­ge­wie­se­ne Umsatz­steu­er des selb­stän­di­gen Musi­kers, Zah­lun­gen an urhe­ber­recht­li­che Ver­wer­tungs­ge­sell­schaf­ten wie etwa die GEMA sowie Rei­se- und Bewir­tungs­kos­ten, die dem Musi­ker im Rah­men der steu­er­li­chen Frei­gren­zen erstat­tet wer­den. Nicht abga­be­pflich­tig sind auch sol­che Zah­lun­gen, die nicht an ein­zel­ne Musi­ker, son­dern an juris­ti­sche Per­so­nen, also etwa an die als e.V. orga­ni­sier­te Musik­ka­pel­le, gezahlt werden.

Von der so ermit­tel­ten Bemes­sungs­grund­la­ge ist sodann ein bestimm­ter Abga­be­satz an die Künst­ler­so­zi­al­kas­se abzu­füh­ren. Der Abga­be­satz wird jähr­lich vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Gesund­heit und Sozia­le Siche­rung per Ver­ord­nung fest­ge­setzt und ist von 2001 bis heu­te von 3,9% im Jahr 2001 auf heu­te 5,8 % angestiegen. 

Und wenn Sie jetzt fest­stel­len, dass Sie bis­her noch nichts von der Künst­ler­so­zi­al­kas­se gewusst haben? Dann pla­nen Sie ab sofort nach Mög­lich­keit so, dass Sie nicht unter die Abga­be­pflicht fal­len, enga­gie­ren Sie also mög­lichst nur sol­che Musik­ka­pel­len, die selbst als ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein orga­ni­siert sind. Nur wenn danach noch min­des­tens vier Ver­an­stal­tun­gen jähr­lich mit abga­be­pflich­ti­gen Künst­lern übrig blei­ben, besteht eine Ver­pflich­tung gegen­über der Künst­ler­so­zi­al­kas­se, für die ent­spre­chen­de Rück­la­gen gebil­det wer­den sollten.

Und für die Ver­gan­gen­heit? Für die ver­gan­ge­nen Jah­re besteht natür­lich auch dann eine Abga­ben­pflicht, wenn die Bru­der­schaft bis­her von der Künst­ler­so­zi­al­kas­se nichts wuss­te. Und um die­se Abga­ben­pflich­ten auf­zu­spü­ren, schreibt die Künst­ler­so­zi­al­kas­se auch ein­zel­ne Bru­der­schaf­ten an. Einen Licht­blick gibt es immer­hin: Anders als etwa bei der GEMA wer­den bei der Künst­ler­so­zi­al­kas­se kei­ne Zuschlä­ge fäl­lig, wenn erst im Rah­men einer sol­chen Prü­fung die Abga­be­pflicht für die Ver­gan­gen­heit auffällt.