Ver­eins­ar­beit für den Staatssäckel?

Seit gut vier Jah­ren fin­den sich an die­ser Stel­le recht­li­che Tipps für das täg­li­che Leben in den Bruderschaften.Aus aktu­el­lem Anlass wol­len wir die­sen Monat aller­dings ein­mal einen Blick in die Zukunft wagen.

Der Wis­sen­schaft­li­che Bei­rat beim Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Finan­zen hat ein Gut­ach­ten zur Reform des Gemein­nüt­zig­keits­rechts vor­ge­legt. In die­sem Gut­ach­ten wird emp­foh­len, das Gemein­nüt­zig­keits­recht umfas­send neu zu regeln. Eine sol­che Reform sei, so das im Auf­trag des Finanz­mi­nis­te­ri­ums erstell­te Guta­chen, „wegen der Bedeu­tung, die dem Bereich gemein­nüt­zi­ger Tätig­kei­ten in der rei­fen Dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft zukommt, und wegen der zur­zeit damit ver­bun­de­nen Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen dring­lich.“ Die Gewäh­rung steu­er­li­cher Ver­güns­ti­gun­gen soll zukünf­tig auf sol­che Fäl­le begrenzt blei­ben, „bei denen ech­te Kol­lek­tiv­gü­ter pri­vat bereit­ge­stellt wer­den.“ Daher soll die steu­er­li­che Begüns­ti­gung gemein­nüt­zi­ger Orga­ni­sa­tio­nen gegen­über der der­zei­ti­gen Rechts­la­ge im gro­ßen Umfang ein­ge­schränkt werden.

Oder in ein­fa­chen, auch einem Nicht­ju­ris­ten und Nicht­po­li­ti­ker ver­ständ­li­chen Wor­ten aus­ge­drückt: Die Gemein­nüt­zig­keit der meis­ten Ver­ei­ne – auch der Schüt­zen­ver­ei­ne – in der bis­he­ri­gen Form soll ent­fal­len, damit zukünf­tig nicht nur auf die Gewin­ne des Schüt­zen­fes­tes, son­dern auch auf Bei­trä­ge und Spen­den Steu­ern ver­langt wer­den können.

Im Ein­zel­nen emp­fiehlt der Beirat

  • eine Reform der Abga­ben­ord­nung mit dem Ziel einer enge­ren Fas­sung der steu­er­lich begüns­tig­ten gemein­nüt­zi­gen Tätigkeiten,
  • eine Ein­schrän­kung des Krei­ses der von der Kör­per­schaft­steu­er befrei­ten Einrichtungen,
  • eine Reform für das Übungs­lei­ter­pri­vi­leg bei der Einkommensteuer,
  • eine enge­re Fas­sung des Spendenprivilegs,
  • eine Neu­fas­sung umsatz­steu­er­li­cher Pri­vi­le­gi­en und
  •  die Auf­he­bung der Befrei­ung von der Grund- und der Gewer­be­steu­er. Eine Reform der bis­he­ri­gen Bestim­mun­gen in der Abga­ben­ord­nung soll insbesondere
  • zwi­schen gemein­nüt­zi­gen und steu­er­be­güns­tig­ten gemein­nüt­zi­gen Zwe­cken unter­schei­den. Hier­bei ist nach Ansicht des Gut­ach­tens klar­zu­stel­len, dass der Ver­zicht auf eine eigen­nüt­zi­ge Gewinn­ver­wen­dung für eine Steu­er­ver­güns­ti­gung wegen Gemein­nüt­zig­keit zwar erfor­der­lich, aber nicht aus­rei­chend ist.
  • klar­stel­len, dass steu­er­be­güns­tig­te gemein­nüt­zi­ge Zwe­cke – ent­spre­chend dem Wort­laut des § 52 Abs. 1 AO – eine selbst­lo­se För­de­rung der All­ge­mein­heit erfor­dern. Vor­aus­set­zung hier­für soll­te sein, dass die All­ge­mein­heit und nicht nur ein fest abge­schlos­se­ner Kreis von Per­so­nen einen bedeut­sa­men exter­nen Nut­zen aus der Tätig­keit der Kör­per­schaft zieht, dass die prä­gen­de Tätig­keit der Kör­per­schaft nicht mit einem Nut­zen­aus­schluss ver­bun­den ist und kei­ne Leis­tun­gen erbracht wer­den, die ein wirt­schaft­li­cher Geschäfts­be­trieb eben­falls erbrin­gen könnte.
  • den Bei­spiel­ka­ta­log der gemein­nüt­zi­gen Zwe­cke erheb­lich enger fas­sen oder ins­ge­samt streichen.
  • § 55 AO („Selbst­lo­sig­keit“) so for­mu­lie­ren, dass die Tätig­keit einer Kör­per­schaft nur dann noch als selbst­los gel­ten kann, wenn sie in bedeut­sa­mem Maße exter­nen Nut­zen stif­tet, auf Nut­zen­aus­schluss ver­zich­tet und kei­ne Leis­tung erbringt, die auch von einem wirt­schaft­li­chen Geschäfts­be­trieb im Sin­ne von § 14 S. 1 AO erbracht wer­den könnte.
  • die Bestim­mun­gen über Sport­ver­ei­ne in § 58 Nr. 9 AO enger fas­sen, nur die För­de­rung des Jugend­sports soll noch steu­er­lich begüns­tigt sein.
  • §§ 64 bis 68 AO so ändern, dass wirt­schaft­li­che Geschäfts­be­trie­be (§ 64), Zweck­be­trie­be (§ 65) und sport­li­che Ver­an­stal­tun­gen (§ 67 a) nicht mehr die Vor­aus­set­zun­gen für steu­er­be­güns­tig­te gemein­nüt­zi­ge Zwe­cke erfüllen.
  • eine gesetz­li­che Rege­lung ein­füh­ren, die für die Gel­tend­ma­chung eines Anspruchs auf Steu­er­ver­güns­ti­gun­gen wegen Gemein­nüt­zig­keit die Glaub­haft­ma­chung der Bedeut­sam­keit der exter­nen Nut­zen­stif­tung ver­langt (also prak­tisch ausschließt).
  • eine Ver­pflich­tung zur exter­nen Prü­fung und öffent­li­chen Rech­nungs­le­gung nach dem Vor­bild des Par­tei­en­geset­zes ver­bind­lich vor­schrei­ben (natür­lich auf Kos­ten der Vereine).

Die vor­ge­schla­ge­ne Reform der Abga­ben­ord­nung schränkt den Kreis der von der Kör­per­schaft­steu­er befrei­ten Ein­rich­tun­gen deut­lich ein. Die meis­ten Ver­ei­ne dürf­ten dann nicht mehr hier­un­ter fal­len. Eben­falls soll das Spen­den­recht grund­le­gend refor­miert und der Spen­den­ab­zug ein­ge­schränkt werden:

Ein Abzug von Spen­den soll vor­aus­set­zen, dass die Tätig­keit des Zuwen­dungs­emp­fän­gers als beson­ders för­de­rungs­wür­di­ger steu­er­be­güns­tig­ter Zweck aner­kannt ist, wobei das ent­spre­chen­de Ver­zeich­nis der aner­kann­ten Zwe­cke ent­spre­chend aus­ge­dünnt wer­den soll. So genann­te Auf­wands­spen­den sol­len nicht mehr abzugs­fä­hig sein. Der Spen­den­ab­zug soll auch immer dann aus­ge­schlos­sen wer­den, wenn die Spen­de von der Namens­nen­nung des Spen­ders abhän­gig gemacht wird. Außer­dem soll der Ver­ein nur dann noch Spen­den­quit­tun­gen aus­stel­len dür­fen, wenn die Ver­wen­dung der Spen­den durch die begüns­tig­te Kör­per­schaft offen gelegt und die Rich­tig­keit der Anga­ben extern – auf Kos­ten des Ver­eins – geprüft wird. Auch die umsatz­steu­er­li­chen Fol­gen der Gemein­nüt­zig­keit sol­len ein­ge­schränkt wer­den: So sol­len die bis­he­ri­gen umsatz­steu­er­li­chen Befrei­un­gen gemein­nüt­zi­gen Ein­rich­tun­gen nicht mehr gewährt wer­den, son­dern nur noch bestimm­ten, als beson­ders för­de­rungs­wür­dig aner­kann­ten Institutionen.

Jetzt wer­den Sie sich sicher­lich fra­gen, was die­se Reform bezweckt? Die Ant­wort gibt das Gut­ach­ten in erfreu­lich offe­ner Form: Hier­nach „muss die steu­er­li­che Begüns­ti­gung einer Tätig­keit wegen Gemein­nüt­zig­keit vor­aus­set­zen, dass der Staat bei der Wahr­neh­mung von Auf­ga­ben ent­las­tet wird, die in sei­ne Ver­ant­wor­tung fal­len.“ Und wei­ter: „Eine Steu­er­be­güns­ti­gung soll­te nur noch dann in Betracht kom­men, wenn die geför­der­te Tätig­keit der All­ge­mein­heit zugu­te kommt und der geför­der­te Zweck anders nicht oder nicht bes­ser erreicht wer­den kann. Das gel­ten­de Steu­er­recht ist jeden­falls viel zu groß­zü­gig. Der Poli­tik ist des­halb zu raten, das Gemein­nüt­zig­keits­recht umfas­send neu zu regeln. Wegen des Aus­ma­ßes von Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen und wegen der Bedeu­tung, die dem Bereich gemein­nüt­zi­ger Tätig­kei­ten in der rei­fen Dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft zukommt, ist eine sol­che Reform dring­lich.“ Für vie­le Ver­ei­ne wür­de eine der­ar­ti­ge Reform, wie sie das im Auf­trag des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums erstell­te Gut­ach­ten vor­schlägt, das Ende der Gemein­nüt­zig­keit bedeu­ten. Aber was tut man nicht alles für ein gefüll­tes Staatssäckel…

War­um wir dies heu­te hier berich­ten? Nun, sicher­lich haben in der nächs­ten Zeit eini­ge Ver­ei­ne vor Ort Ver­an­stal­tun­gen, bei denen Abge­ord­ne­te aus Bund und Land wie­der ihre Ver­bun­den­heit mit den Schüt­zen demons­trie­ren wol­len, Nach­ha­ken scha­det jeden­falls nicht. Und halb­her­zi­ge Demen­tis, wie sie in letz­ter Zeit – wenn über­haupt – zu hören waren, hel­fen uns nicht.