Aktuelle Rechtsprechung zum Vereinsrecht 2006
Auch 2006 waren wieder einmal viele Gerichte mit vereinsrechtlichen Streitigkeiten beschäftigt. Nachfolgend ist daher einmal eine kleine Auswahl interessanter Entscheidungen aus aktueller Zeit zusammengestellt:
Mitgliedsbeiträge für Kinder
Wer schuldet eigentlich die Mitgliedsbeiträge für Kinder? Grundsätzlich ist der Beitrag nur von dem jeweiligen Mitglied zu zahlen. Anders kann dies allerdings bei Kindern sein; hier hat das Amtsgericht Lüneburg (Urteil vom 8. März 2006, Aktenzeichen: 50 C 1/06) in Anlehnung an eine ähnliche Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm aus dem Jahre 1999 entschieden, dass auch die Eltern für die Mitgliedsbeiträge ihrer Kinder einzustehen haben, wenn die Satzung dies zulasse und die Eltern auf diese Verpflichtung bei dem Eintritt des Kindes hingewiesen wurden.
Wirksamkeit des Ausschlusses eines Vereinsmitgliedes
Über die Wirksamkeit eines Vereinsausschlusses hatte das OLG Brandenburg (Urteil vom 21.02.2006, Aktenzeichen: 11 U 24/05) zu entscheiden und dabei wieder einmal gezeigt, dass gerade in solchen Verfahren sorgfältig vorgegangen werden muss, da bereits Formverstöße zur Nichtigkeit des Ausschließungsbeschlusses führen können: Ein Verein hatte mehrere Mitglieder ausgeschlossen. In der Einladung zur Mitgliederversammlung war ein entsprechender Tagesordnungspunkt mit „Ausschluss von Mitgliedern“ vorgesehen. Eine namentliche Nennung der Mitglieder erfolgte nicht. Auch die Vorwürfe, welche zu dem Ausschluss führen sollten, wurden weder gegenüber den auszuschließenden Mitgliedern noch gegenüber den anderen Mitgliedern aufgeführt.
Das OLG Brandenburg sah hierin einen Nichtigkeitsgrund für die Beschlüsse: Die Gewährung rechtlichen Gehörs gehöre zu den Strukturprinzipien des Vereins. Daher, so das OLG, sei es unabdingbar gewesen, die betroffenen Mitglieder zuvor anzuhören. Um sich auf die Mitgliederversammlung und den dort stattfindenden Diskussionsverlauf vorbereiten zu können, hätten den anderen Mitgliedern die Namen der Betroffenen mitgeteilt werden müssen. Folgewirkung dieses unwirksamen Ausschließungsbeschlusses: Da die ausgeschlossenen Mitglieder die Mitgliederversammlung nach der Beschlussfassung über ihren Ausschluss verlassen mussten, konnten sie an der Beratung und Beschlussfassung zu den verbleibenden Tagesordnungspunkten nicht mehr mitwirken, so dass die dort gefassten Beschlüsse ebenfalls nichtig waren, und zwar unabhängig davon, ob die Stimmabgabe der unwirksam Ausgeschlossenen das Abstimmungsergebnis hätte beeinflussen können.
Haftung für Steuerschulden des Vereins
Das Finanzgericht München (Urteil vom 23. Juni 2005, Aktenzeichen: 14 K 1035/03) hatte wieder einmal über die Frage zu entscheiden, ob die Mitglieder des gesetzlichen Vorstands eines Vereins für die Steuerschulden des Vereins auch persönlich einzustehen haben.
In dem vom Finanzgericht zu entscheidenden Fall hatte der Verein anlässlich des 20-jährigen Bestehens eine Kapelle aus Italien engagiert. Nach dem Engagementvertrag waren alle gesetzlich vorgeschriebenen Abgaben vom Veranstalter zu tragen. Die für die Gage an die ausländische Musikkapelle fällige Einkommen- und Umsatzsteuer konnte der Verein nicht vollständig zahlen, auch nach der Zwangsvollstreckung des Finanzamtes in das Vereinsvermögen blieben die Steuern noch teilweise unbezahlt. Daraufhin nahm das Finanzamt die beiden Vorstandsmitglieder des Vereins persönlich in Anspruch. Die hiergegen gerichtete Klage der beiden Vereinsvorstände hatte freilich beim Finanzgericht München keinen Erfolg.
Denn nach § 69 Satz 1 AO haften die gesetzlichen Vertreter, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen aufgelegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Die beiden Vereinsvorstände waren aber als gesetzliche Vertreter des Vereins verpflichtet gewesen, die steuerlichen Pflichten des Vereins zu erfüllen. Diese Haftung wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Vorstände nur ehrenamtlich für den Verein tätig waren.
Wohlgemerkt: Diese persönliche Haftung des Vereinsvorstandes ist eine Sonderregelung des Steuerrechts. Aber sie greift immer dann, wenn der Vorstand seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt, sei es, wie im entschiedenen Fall mit ausländischen Musikkapellen, sei es bei der unrichtigen Abgabe von Spendenquittungen oder sei es auch bei der Nichtabgabe von Steuererklärungen.