Nicht einverstanden!
Wie in anderen Vereinen, so ist auch in unseren Bruderschaften die Mitgliederversammlung das oberste Organ eines jeden Vereins und für alle Angelegenheiten des Vereins zuständig, die nicht durch Gesetz oder Vereinssatzung einem anderen Vereinsorgan wie etwa dem Vorstand zugewiesen sind.
Damit ist auch die Mitgliederversammlung für die Entscheidungen zuständig, in denen die weitere Entwicklung des Vereins sowie die Regelungen des Vereinslebens vorgegeben werden. Zu ihren Aufgaben gehört insbesondere
- die Wahl und Abwahl des Vorstands sowie dessen Beaufsichtigung und Entlastung,
- die Erteilung von Weisungen an den Vorstand sowie
- der Aufstellung von Haushaltsplänen und Richtlinien zur Geschäftsführung,
- die Entscheidung über Satzungsänderungen und
- die Auflösung des Vereins,
- die Beitragsfestsetzung sowie
- die Entscheidung über alle wichtigen Angelegenheiten, die der Vorstand zu seiner eigenen Absicherung der Mitgliederversammlung vorlegt.
Dabei kommt es leider gar nicht mal so selten vor. dass derartige Entscheidungen nicht einvernehmlich gefallt werden, sondern per Mehrheitseheschluss, dem sich die unterlegene Minderheit der Vereinsmitglieder in aller Regel fügen muss. Doch dies gilt nicht uneingeschränkt. Denn ein Beschluss kann auch fehlerhaft sein, sodass er von einem Vereinsmitglied angegriffen werden kann, da Fehler bei der Beschlussfassung zu einer Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Beschlusses fuhren können. Diese
Fehler können sich sowohl
- aus der Art und Weise des Zustandekommens des Beschlusses wie auch
- aus dem Inhalt des Beschlusses
ergeben.
Typische Fehlerquellen
Eine wirksame Beschlussfassung setzt stets voraus, dass die gesetzlichen Vorschriften ebenso eingehalten wurden wie die in der Satzung des Vereins festgelegten Regelungen. Wird ein Beschluss unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen zwingende Satzungsbestimmungen gefasst, ist er nichtig. Solche Verstöße können zum einen in unzulässigen Beschlussinhalten liegen, etwa wenn gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitglieder verstoßen wird.
Meist gründet sich die Nichtigkeit des Beschlusses jedoch auf einen Verstoß gegen Vorschriften über das Zustandekommen des Beschlusses, also etwa auf Einberufungsmängel oder auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften über den Ablauf der Mitgliederversammlung. Und die Fehlerquellen sind vielfältig: So sind etwa Beschlüsse der Mitgliederversammlung regelmäßig nichtig, wenn die Versammlung durch einen Unbefugten (also etwa nicht durch den Vorstand) einberufen wurde oder nicht alle Mitglieder in der nach Satzung bestimmten Form und Frist geladen wurden. Auch wenn in der Einladung der Gegenstand der Beschlussfassung nicht ausreichend oder auch gar nicht aufgeführt wurde, also etwa keine vollständige Tagesordnung beigefügt war, gefährdet dies den Bestand des Beschlusses.
Eine nicht beschlussfähige Mitgliederversammlung kann ebenfalls keine wirksamen Beschlüsse fassen. Aber auch ein zu großer Mitgliederandrang kann die Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse beeinträchtigen, etwa wenn ein Teil der Mitglieder an der Versammlung nicht ordnungsgemäß teilnehmen kann, weil der Versammlungsraum zu klein ist.
Rügepflichten
Leidet ein Beschluss der Mitgliederversammlung an einem der beschriebenen Fehler, so ist er in aller Regel nichtig. Eine solche Nichtigkeit des Beschlusses der Mitgliederversammlung ist, wie es das Oberlandesgericht Stuttgart bereits 1985 formuliert hat, stets dann gegeben, wenn dieser Beschluss gegen zwingende gesetzliche oder satzungsmäßige Bestimmungen verstößt, die dem Schutz aller Mitglieder an einer ordnungsgemäßen Willensbildung im Verein dienen.
Diese Nichtigkeit gilt freilich nicht uneingeschränkt bei jedem Fehler. Vielmehr hängt bei bestimmten, weniger schweren Fehlern in der Beschlussfassung die Rechtsbeständigkeit des Beschlusses davon ab. dass der Verstoß innerhalb angemessener Frist von dem opponierenden Mitglied gerügt wird.
Bei solchen weniger schweren Fehlern ist der Beschluss der Mitgliederversammlung zwar auch fehlerbehaftet, jedoch schuldet jedes Vereinsmitglied seinem Verein auch eine gewisse Treuepflicht, die es erforderlich macht, dass zumindest bei solchen „läßlichen” Fehlern das Mitglied die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses rügt. Erst mit dieser Rüge führt ein solcher Fehler dann zur Nichtigkeit des Beschlusses. Wird eine solche Rüge nicht innerhalb angemessener Frist erhoben, kann der Fehler später nicht mehr gegen den Verein geltend gemacht werden.
Ob eine solche Rüge erforderlich ist oder aber der fehlerhafte Beschluss auch ohne Rüge nichtig ist, hängt neben der Schwere des Fehlers insbesondere davon ab, oh es sich bei dem geltend gemachten Fehler um eine Vorschrift handelt, die dem Schutz eines einzelnen Mitgliedes dient.
Typischerweise sind dies etwa Verstöße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitglieder oder aber Beschlüsse über den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Verein. Hier dienen die gesetzlichen oder satzungsmäßigen Vorschriften regelmäßig dem Schutz des einzelnen Mitglieds, nicht dem Wohle aller Mitglieder oder des Vereins, sodass von dem betroffenen Mitglied eine alsbaldige Rüge erwartet werden kann.
Typische Fälle eines nur auf eine Rüge hin beachtlichen Fehlers sind auch kleinere Mängel in der Einberufung oder Abhaltung der Mitgliederversammlung. Wird etwa die satzungsmäßige Einladungsfrist nicht eingehalten, führt dies regelmäßig zur Nichtigkeit der auf dieser Versammlung gefassten Beschlüsse. Wird jedoch eine Einladungsfrist von z.B. vier Wochen nur um einen Tag unterschritten, wäre dieser Mangel nur auf eine Rüge hin beachtlich.
Gleiches gilt auch für den Ablauf der Mitgliederversammlung: Hier führt etwa der unberechtigte Ausschluss von teilnahmeberechtigten Mitgliedern in aller Regel nur auf eine entsprechende Rüge hin zu einer Nichtigkeit der nach dem Ausschluss gefassten Beschlüsse, ebenso der unberechtigte Ausschluss eines Mitgliedes von einer Beschlussfassung. Gleiches gilt für den unberechtigten Ausschluss oder Abbruch einer Aussprache vor der Beschlussfassung.
Alle diese Mangel sind im Regelfall nur auf eine Rüge des betroffenen Mitgliedes hin beachtlich. Rügt das betroffene Mitglied freilich diesen Fehler binnen angemessener Zeit nach der Beschlussfassung, so führt auch ein solcher Fehler zur Nichtigkeit des auf der Mitgliederversammlung gefassten Beschlusses.
Grundsätzlich gilt auch, dass Einwendungen, denen kein beachtliches Schutzbedürfnis des (unterlegenen oder übergangenen) Mitglieds zugrunde liegt, hinter dem Interesse der Mitgliedergesamtheit daran, dass das für ein geordnetes Vereinsleben unerlässliche grundsätzliche Vertrauen auf den Bestand von Versammlungsbeschlüssen nicht unnötig gestört wird, zurückzutreten haben.
So können sich etwa in einer Abstimmung unterlegene Mitglieder später nicht darauf berufen, dass sie nicht oder nicht rechtzeitig eingeladen waren oder dass der strittige Beschlussgegenstand in der Einladung nicht auf der Tagesordnung verzeichnet war, wenn sie auf der Versammlung anwesend waren und der Durchführung und der Beschlussfassung dort nicht widersprochen haben.
Nicht ausreichend bei solchen Einberufungsmängeln ist dagegen das oft anzutreffende Argument, dass die Mehrheit für den Beschluss so groß gewesen sei, dass er auch bei Anwesenheit des nicht eingeladenen Mitglieds gefasst worden wäre. Dieses Argument scheitert schon regelmäßig daran, dass vor der Beschlussfassung eine Debatte statt gefunden hat, die bei anderer Beteiligung ja vielleicht einen anderen Verlauf hätte nehmen können.
Auch wenn Beschlüsse jahrelang widerspruchslos dem Vereinsleben zugrunde gelegt wurden, kann sich später niemand mehr darauf berufen, dieser Beschluss sei wegen eines Fehlers bei der Beschlussfassung nichtig.
Dagegen reicht es zur Heilung eines unwirksamen Beschlusses nicht aus, dass eine spätere Mitgliederversammlung diesen nichtigen Beschluss als wirksam behandelt. Hier wäre stattdessen eine erneute Beschlussfassung erforderlich, diesmal jedoch in satzungsgemäß einwandfreier Form.