Zur Geschäfts­ord­nung!

Bei Schüt­zen­ver­ei­nen fin­det sich eine Situa­ti­on immer wie­der: Zur Lösung einer Fra­ge fin­det sich in der Sat­zung eine Bestim­mung, die dem, wie es im Ver­ein tat­säch­lich gehand­habt wird, zuwi­der läuft. Regel­mä­ßig kommt dann die Ant­wort: „Aber das haben wir in unse­rer Geschäfts­ord­nung doch so geregelt!“

Oder man berät einen Schüt­zen­ver­ein bei der Anpas­sung oder Neu­ge­stal­tung sei­ner Sat­zung, dann hört man regel­mä­ßig bei ein­zel­nen Fra­gen: „Das regeln wir dann lie­ber in der Geschäfts­ord­nung!“. Grund genug, sich hier ein­mal mit die­sen Geschäfts­ord­nun­gen zu befassen.

Zunächst ein­mal: Die Geschäfts­ord­nung ist regel­mä­ßig kein Bestand­teil der Sat­zung. Dies bedeu­tet zunächst ein­mal eine Ver­ein­fa­chung: Sie bedarf zu ihrem Erlass oder ihrer Ände­rung nicht der sat­zungs­än­dern­den Mehr­heit von meist 2/​3 der Stim­men, son­dern kann, wenn in der Sat­zung hier­für nichts ande­res vor­ge­schrie­ben wird, von der Mit­glie­der­ver­samm­lung mit
ein­fa­cher Mehr­heit beschlos­sen wer­den. Und sie muss auch
nicht beim Amts­ge­richt ein­ge­reicht und dort im Vereinsregister
ein­ge­tra­gen werden.

Aller­dings bedeu­tet dies auch, dass die Geschäfts­ord­nung als bloß ver­eins­in­ter­ne Rege­lung kei­ne Nor­men des Ver­eins­rechts ent­hal­ten kann und auch der Sat­zung nicht wider­spre­chen darf. In einer Geschäfts­ord­nung kön­nen wirk­sam nur sol­che Ein­zel­re­ge­lun­gen getrof­fen wer­den, die sich in den von Gesetz und Sat­zung bestimm­ten Gren­zen hal­ten. Wider­spricht eine Bestim­mung der Geschäfts­ord­nung der Sat­zung, ist die­se Bestim­mung der Geschäfts­ord­nung unwirksam.

Auch kön­nen in einer Geschäfts­ord­nung kei­ne Bestim­mun­gen getrof­fen wer­den, die nach dem Gesetz der Sat­zung vor­be­hal­ten sind. Die Fra­ge etwa, wel­che Mit­glie­der zum (gesetz­li­chen) Vor­stand gehö­ren, ist z.B. zwin­gend in der Sat­zung zu regeln, eben­so kön­nen durch eine Geschäfts­ord­nung kei­ne Mit­glie­der­pflich­ten geschaf­fen wer­den, dies muss eben­falls in der Sat­zung erfol­gen. Auch Mit­glie­der­rech­te kön­nen in einer Geschäfts­ord­nung weder geschaf­fen noch beschränkt wer­den, hier­zu ist eben­falls eine Sat­zungs­be­stim­mung erforderlich.

Wozu ist dann aber eine Geschäfts­ord­nung nut­ze? Sie kann etwa als ver­eins­in­ter­ne Richt­li­nie dem Vor­stand sowie sons­ti­gen Orga­nen des Ver­eins Wei­sun­gen geben, wie sie die Geschäf­te des Ver­eins zu füh­ren haben. Und: In einer Geschäfts­ord­nung kann auch eine in der Sat­zung ange­leg­te Mit­glie­der­pflicht oder ein Mit­glie­der­recht näher beschrie­ben wer­den. Hat bei­spiels­wei­se nach der Sat­zung jedes Mit­glied als Teil sei­nes Mit­glieds­bei­trags die Pflicht, jähr­lich min­des­tens zehn Stun­den Arbeits­ein­satz zu leis­ten, kann in der Geschäfts­ord­nung näher gere­gelt wer­den, in wel­cher Form die­ser Arbeits­ein­satz erbracht wer­den kann und wer in der Bru­der­schaft berech­tigt ist, die­sen Arbeits­ein­satz in wel­cher Form und mit wel­cher Frist abzufordern.

Oder: Jedes Mit­glied hat das Recht, im Rah­men der gege­be­nen Kapa­zi­tä­ten die Ver­eins­ein­rich­tun­gen zu nut­zen. Daher kann in einer Geschäfts­ord­nung gere­gelt wer­den, zu wel­chen Kon­di­tio­nen etwa das Ver­eins­heim genutzt wer­den kann oder zu wel­chen Zei­ten der Schieß­stand für wel­che Grup­pen geöff­net ist. Auch eine Haus­ord­nung für das Ver­eins­heim kann als Geschäfts­ord­nung erlas­sen werden.

Ähn­li­ches gilt auch für Bestim­mun­gen etwa zu Mit­glie­der­ver­samm­lun­gen: Die Rege­lung, in wel­chen Fäl­len und wie die Mit­glie­der­ver­samm­lung ein­zu­be­ru­fen ist, muss in der Sat­zung gere­gelt wer­den, ein­zel­ne Durch­füh­rungs­be­stim­mun­gen, die ledig­lich den Ablauf der Mit­glie­der­ver­samm­lung betref­fen, kön­nen dage­gen in einer Geschäfts­ord­nung gere­gelt werden.

Auch Ehren­ord­nun­gen, die das nähe­re Ver­fah­ren bei der Ehrung von Ver­eins­mit­glie­dern oder die Ver­hän­gung von Ver­eins­stra­fen betref­fen, kön­nen im Rah­men einer Geschäfts­ord­nung erfol­gen, aller­dings wie­der mit einer wich­ti­gen Ein­schrän­kung: Die grund­le­gen­den Bestim­mun­gen über die Ver­eins­stra­fen wie etwa die Art der Stra­fen (Ver­weis, Geld­stra­fe, Aus­schluss etc.) oder das zur Ahn­dung beru­fe­ne Ver­eins­or­gan (Vor­stand, Mit­glie­der­ver­samm­lung oder ein spe­zi­el­les Gre­mi­um) sind wie­der­um der Sat­zung vor­be­hal­ten, in der Geschäfts­ord­nung kann inso­weit nur das Ver­fah­ren im ein­zel­nen gere­gelt werden.

In all die­sen Fäl­len erfüllt die Geschäfts­ord­nung eine wich­ti­ge Funk­ti­on: Sie gibt sowohl den han­deln­den Ver­eins­or­ga­nen wie auch den Mit­glie­dern kla­re Rege­lun­gen, wie bestimm­te Fra­gen in der Bru­der­schaft gehand­habt wer­den sol­len, und lässt sich gleich­wohl jeder­zeit durch einen ein­fa­chen Beschluss geän­der­ten Gege­ben­hei­ten anpas­sen. Aber dabei ist stets die beschrie­be­ne Gren­ze zu beach­ten: Kein Ver­stoß gegen Sat­zungs­be­stim­mun­gen sowie kei­ne Rege­lun­gen der grund­le­gen­den, der Sat­zung vor­be­hal­te­nen Ver­eins­fra­gen und kei­ne Begrün­dung von Mit­glie­der­pflich­ten, kei­ne Begrün­dung oder Beschrän­kung von Mit­glie­der­rech­ten, soweit hier­für nicht eine Grund­la­ge in der Sat­zung besteht. Wer­den die­se Gren­zen berück­sich­tigt, bie­tet die Geschäfts­ord­nung ein fle­xi­bles Instru­ment zur all­ge­mei­nen Klä­rung ver­eins­in­ter­ner Fragen. 

Bleibt noch eine Fra­ge: Wer stellt eine Geschäfts­ord­nung auf und wer ändert sie? Grund­sätz­lich gilt, dass eine Geschäfts­ord­nung als rein ver­eins­in­ter­ne Rege­lung durch das in der Sat­zung hier­zu aus­drück­lich bestimm­te Ver­eins­or­gan auf­ge­stellt und geän­dert wer­den kann. Trifft die Sat­zung kei­ne Rege­lung, kann neben der Mit­glie­der­ver­samm­lung auch jedes ande­re Ver­eins­or­gan im Rah­men sei­ner sat­zungs­mä­ßi­gen Zustän­dig­keit Geschäfts­ord­nun­gen erlas­sen und auch wie­der ändern. Aller­dings gilt auch hier zu beach­ten, dass die Mit­glie­der­ver­samm­lung inso­weit allen ande­ren Orga­nen Wei­sun­gen ertei­len kann. Dies bedeu­tet, dass etwa der Vor­stand regel­mä­ßig in eige­ner Ver­ant­wor­tung eine Haus­ord­nung erlas­sen oder die Schieß­stand­nut­zung in einer Geschäfts­ord­nung regeln und die­se Rege­lung auch wie­der ändern kann. Wur­de die­se Geschäfts­ord­nungs­be­stim­mung jedoch nicht vom Vor­stand, son­dern von der Mit­glie­der­ver­samm­lung getrof­fen, kann der Vor­stand die­se spä­ter nicht abän­dern, es sei denn, dies ist ihm ist in der Geschäfts­ord­nung aus­drück­lich erlaubt wor­den. Ansons­ten bleibt hier­für dann auch in Zukunft die Mit­glie­der­ver­samm­lung zuständig.