Wer ist im Namen des Ver­eins unterwegs?

Ein Ver­ein lebt nicht nur für sich allein, er tritt stän­dig und in viel­fäl­ti­ger Wei­se in Kon­takt mit sei­ner Umwelt, und dies auch in recht­li­cher Hin­sicht. Der Schüt­zen­ver­ein lädt Gäs­te zu ihren Ver­an­stal­tun­gen ein, sie enga­giert Musik­ka­pel­len für ihre Bäl­le und Umzü­ge, sie unter­hält ein Bank­kon­to und schließt Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge ab … 

Bei alle­dem stellt sich immer wie­der die Fra­ge, wer denn hier­bei für den Ver­ein han­delt, oder bes­ser gesagt: wer denn für den Ver­ein han­deln und damit für den Ver­ein Rech­te und Pflich­ten begrün­den darf.

Der Vor­stand

Das Bür­ger­li­che Gesetz­buch sagt hier­zu, dass der Ver­ein einen Vor­stand haben muss und dass die­ser Vor­stand den Ver­ein gericht­lich und außer­ge­richt­lich ver­tritt. Der Vor­stand ist also der gesetz­li­che Ver­tre­ter des Ver­eins in allen recht­li­chen Belan­gen. Wobei der gesetz­li­che Begriff des Vor­stan­des durch­aus von dem abwei­chen kann, was in den ein­zel­nen Schüt­zen­ver­ei­nen und Bru­der­schaf­ten als Vor­stand ver­stan­den wird; Vor­stand im Sin­ne des Geset­zes ist immer nur der „geschäfts­füh­ren­de Vor­stand“, er umfasst also nicht unbe­dingt alle Funk­ti­ons­trä­ger des Ver­eins. Wer genau zu die­sem gesetz­li­chen Vor­stand gehört, ist in der Ver­eins­sat­zung geregelt.

Nach den meis­ten Sat­zun­gen dürf­te dies der Vor­sit­zen­de, sein Stell­ver­tre­ter, der Schrift­füh­rer (bzw. Geschäfts­füh­rer) und der Kas­sie­rer (bzw. Schatz­meis­ter) sein, aber dies ist nicht zwin­gend, denn grund­sätz­lich ist es dem Ver­ein frei­ge­stellt, in sei­ner Sat­zung die Anzahl der Vor­stands­mit­glie­der selbst zu bestim­men. Der Ver­ein kann also auch noch wei­te­re Funk­ti­ons­trä­ger in sei­nen geschäfts­füh­ren­den Vor­stand auf­neh­men, etwa den Schieß­meis­ter, den Jung­schüt­zen­meis­ter, einen zwei­ten Schrift­füh­rer, einen zwei­ten Kas­sie­rer oder etwa auch Bei­sit­zer. Nur eines soll­te man hier­bei beach­ten: Jedes Mit­glied des gesetz­li­chen Vor­stan­des muss in das Ver­eins­re­gis­ter ein­ge­tra­gen wer­den, die sons­ti­gen Funk­ti­ons­trä­ger des Ver­eins oder die Mit­glie­der eines „erwei­ter­ten Vor­stan­des“ dage­gen nicht. Aus je mehr Per­so­nen daher ein gesetz­li­cher Vor­stand besteht, des­to häu­fi­ger müs­sen auch Ände­run­gen beim Ver­eins­re­gis­ter ange­mel­det wer­den. Und: Soweit gesetz­li­che Bestim­mun­gen den Vor­stands­mit­glie­dern per­sön­lich bestimm­te Hand­lungs­pflich­ten (und damit auch Haf­tungs­ri­si­ken) auf­er­le­gen, tref­fen die­se Ver­pflich­tun­gen grund­sätz­lich alle Mit­glie­der des gesetz­li­chen Vor­stan­des, je mehr Mit­glie­der der gesetz­li­che Vor­stand hat, des­to mehr Per­so­nen unter­lie­gen auch die­sen Hand­lungs­pflich­ten, selbst dann, wenn dies nicht zu ihrem eigent­li­chen Auf­ga­ben­ge­biet gehört. Ins­ge­samt also Grün­de genug, die Anzahl der Mit­glie­der des gesetz­li­chen Vor­stan­des nicht grö­ßer zu fas­sen, als es für die Hand­lungs­fä­hig­keit des Ver­eins nach außen erfor­der­lich ist. Für die Fra­ge, wer den Ver­ein nach außen ver­tre­ten darf, ist aber auch aus einem zwei­ten Grund noch ein Blick in die Sat­zung erforderlich.

Die gesetz­li­che Rege­lung geht zunächst von einer Ver­tre­tung durch den gesam­ten Vor­stand aus, hier­nach müss­ten also alle recht­lich rele­van­ten Erklä­run­gen des Ver­eins stets von allen Vor­stands­mit­glie­dern gemein­sam abge­ge­ben wer­den. Da dies aber auf Dau­er reich­lich unprak­ti­ka­bel wäre, bestim­men die meis­ten Sat­zun­gen, dass der Ver­ein gericht­lich und außer­ge­richt­lich von z.B. zwei Vor­stands­mit­glie­dern (oder: vom Vor­sit­zen­den und einem wei­te­ren Vor­stands­mit­glied) ver­tre­ten wird. Ent­hält die Sat­zung eine sol­che Bestim­mung, reicht es also aus, wenn die ent­spre­chen­den Vor­stands­mit­glie­der den Ver­trag unter­schrei­ben, um den Ver­ein zu ver­pflich­ten. Die­se Ver­tre­tungs­re­ge­lung wird auch in das Ver­eins­re­gis­ter ein­ge­tra­gen, eben­so wer­den dort die Mit­glie­der des Vor­stands ver­zeich­net. Das Ver­eins­re­gis­ter ist für jeder­mann ein­seh­bar, sodass sich auch jeder, der in Kon­takt zu dem Ver­ein tre­ten will, sich dort über die Ver­tre­tungs­be­fug­nis­se des jewei­li­gen Ver­eins infor­mie­ren kann. Aber die­se Ver­tre­tungs­re­ge­lung greift auch in die ande­re Rich­tung: Ist etwa in der Sat­zung bestimmt, dass der Ver­ein von zwei Vor­stands­mit­glie­dern ver­tre­ten wird, ist eine Erklä­rung für den Ver­ein auch nur dann bin­dend, wenn sie von zwei Vor­stands­mit­glie­dern abge­ge­ben wurde.

Beson­de­re Vertreter

Das Ver­eins­recht kennt aller­dings nicht nur die Ver­tre­tung des Ver­eins durch den Vor­stand. Denn die Sat­zung kann auch bestim­men, dass neben dem Vor­stand für bestimm­te Geschäf­te beson­de­re Ver­tre­ter bestellt wer­den. Die Ver­tre­tungs­be­fug­nis eines sol­chen „Beson­de­ren Ver­tre­ters“ erstreckt sich dann auf alle Rechts­ge­schäf­te, die der ihm zuge­wie­se­ne Geschäfts­kreis gewöhn­lich mit sich bringt. Bei­spie­le sind etwa der Jung­schüt­zen­meis­ter, der sich um alles zu küm­mern hat, was die Jugend­grup­pen betrifft, und dem­ge­mäß für die Bru­der­schaft auch alle rechts­ver­bind­li­chen Erklä­run­gen abge­ben kann, die im Zusam­men­hang mit die­ser Jung­schüt­zen­grup­pe ste­hen. Die­ser beson­de­re Ver­tre­ter wird zwar nicht in das Ver­eins­re­gis­ter ein­ge­tra­gen, soweit er sich aber inner­halb die­ses ihm zuge­wie­se­nen Auf­ga­ben­be­reichs bewegt, kön­nen sie den Ver­ein also in der glei­chen Art und Wei­se ver­tre­ten wie der Vorstand.

Sons­ti­ge Vertretungsvollmacht

Und schließ­lich kann der Ver­ein auch einen Ein­zel­nen, auch ein Nicht­mit­glied, damit beauf­tra­gen, für ihn bestimm­te rechts­ge­schäft­li­che Erklä­run­gen abzu­ge­ben, wobei die­se Voll­macht dann natür­lich wie­der durch eine genü­gen­de Anzahl von Vor­stands­mit­glie­dern abge­ge­ben wer­den muss.

Aller­dings muss hier­bei beach­tet wer­den, dass eine sol­che Voll­macht nicht unbe­dingt aus­drück­lich erteilt zu wer­den braucht, die Juris­ten ken­nen auch eine so genann­te „Anscheins­voll­macht“ und eine „Dul­dungs­voll­macht“:

Eine Anscheins­voll­macht kann sich etwa dar­aus erge­ben, dass der Ver­ein jeman­dem eine sol­che Posi­ti­on ein­räumt, die typi­scher­wei­se mit einer bestimm­ten Voll­macht ver­bun­den wird. In die­sem Fall wäre der gut­gläu­bi­gen Geschäfts­part­ner, der auf das Bestehen einer Voll­macht ver­traut, in die­sem Ver­trau­en etwa auf den wirk­sa­men Ver­trags­schluss geschützt, sodass hier­aus der Ver­ein ver­pflich­tet wür­de, obwohl er eine „rich­ti­ge“ Voll­macht gar nicht erteilt hat. Doch die­se Anscheins­voll­macht ist nicht son­der­lich häu­fig: Denn zum einen muss der Ver­ein durch sein Han­deln einen sol­chen Anschein set­zen, zum ande­ren kann er ihn auch jeder­zeit widerrufen.

„Gefähr­li­cher“ für den Ver­ein ist dage­gen die Dul­dungs­voll­macht. Sie kommt dadurch zustan­de, dass der Ver­ein zwar um das Han­deln eines eigent­lich hier­für nicht zustän­di­gen Ver­eins­mit­glieds weiß, gegen die­ses Han­deln aber nicht ein­schrei­tet. Die­se Dul­dungs­voll­macht kann auch zuguns­ten eines ein­zel­nen Vor­stands­mit­glie­des grei­fen. Wur­den in der Ver­gan­gen­heit etwa bestimm­te Ver­trä­ge stets nur von dem Vor­sit­zen­den oder nur vom Geschäfts­füh­rer unter­schrie­ben und spä­ter dann anstands­los von dem Ver­ein abge­wi­ckelt, kön­nen die Ver­trags­part­ner nach ein paar Jah­ren dar­auf ver­trau­en, dass der Vor­sit­zen­de bzw. Geschäfts­füh­rer auch berech­tigt ist, die­se Erklä­rung allein abzugeben. 

Die feh­len­de Vertretungsmacht

Bleibt noch die Fra­ge, was mit den Ver­trä­gen und den recht­ge­schäft­li­chen Erklä­run­gen geschieht, die zwar im Namen des Ver­eins, aber ohne eine wirk­sa­me Ver­tre­tung abge­ge­ben wur­den. Zunächst ein­mal ist die­ser Ver­trag für den Ver­ein nicht bin­dend, er ist „schwe­bend unwirksam“.

Der Ver­ein hat also ein Wahl­recht: Er kann den Ver­trag nach­träg­lich geneh­mi­gen, dann wird der Ver­trag genau­so wirk­sam, als wenn der Ver­ein von vor­ne her­ein wirk­sam ver­tre­ten wor­den wäre, oder der Ver­ein lehnt eine Geneh­mi­gung des Ver­tra­ges ab, dann tref­fen den Ver­ein aus die­sem Ver­trag kei­ner­lei Rech­te und Pflich­ten, aller­dings kann der Ver­trags­part­ner in die­sem Fall von dem­je­ni­gen, der die Erklä­rung für den Ver­ein ohne die ent­spre­chen­de Voll­macht abge­ge­ben hat, Scha­dens­er­satz verlangen.

Unter­schreibt also etwa der Vor­sit­zen­de allein den Ver­trag mit der Musik­ka­pel­le für den nächs­ten Schüt­zen­ball, ist der Ver­ein hier­bei regel­mä­ßig nicht wirk­sam ver­tre­ten, sodass die­ser Ver­trag zunächst ein­mal für den Ver­ein nicht bin­dend ist. Dies wird er erst dann, wenn der Ver­ein – dabei wie­der ver­tre­ten durch die besag­ten zwei Vor­stands­mit­glie­der – den Ver­trag nach­träg­lich doch noch geneh­migt, wobei die­se Geneh­mi­gung nicht unbe­dingt aus­drück­lich erfol­gen muss, son­dern in unse­rem Bei­spiel etwa auch dar­in lie­gen kann, dass die betref­fen­den Vor­stands­mit­glie­der auf dem Ball das Spiel der Musik genie­ßen und den Musi­kern freu­dig applaudieren.

Hat der Vor­sit­zen­de die­sen Ver­trag mit die­sen Musi­kern aller­dings auch in den letz­ten Jah­ren immer allei­ne unter­schrie­ben und der Ver­ein dies jeweils hin­ge­nom­men, bedarf es einer sol­chen Geneh­mi­gung nicht mehr, in die­sem Fall grei­fen bereits die Rege­lun­gen zur Anscheins- bzw. Dul­dungs­voll­macht, der Ver­ein wäre dann also auch im lau­fen­den Jahr wirk­sam vom Vor­sit­zen­den allein ver­tre­ten worden